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Die Priorisierung ist tot – es lebe der Fokus

Veröffentlicht am
19.2.2025

In einer Welt, die von Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Ambiguität (kurz VUKA) geprägt ist, scheint Priorisierung ein nützliches Werkzeug zu sein. Doch genau hier liegt die Krux: Priorisierung allein reicht nicht aus, um in diesem Umfeld erfolgreich zu agieren. Vielmehr ist es der Fokus, der Unternehmen und Individuen nachhaltig zum Erfolg führt. Doch was bedeutet Fokus wirklich? Warum reicht Priorisierung nicht aus? Und wie können wir echten Fokus in unserem Arbeitsalltag etablieren? Dieser Artikel beleuchtet diese Fragen aus wissenschaftlicher, praktischer und strategischer Perspektive – und zeigt auf, warum OKR (Objectives and Key Results) Fokus als zentrales Prinzip erhoben hat.

Priorisierung vs. Fokus – Ein entscheidender Unterschied

Priorisierung bedeutet, Aufgaben oder Ziele nach Wichtigkeit zu ordnen. Das Problem dabei: Wir tendieren dazu, viele Dinge als wichtig zu betrachten und eine lange Liste von "hohen Prioritäten" zu erstellen. Wer kennt es nicht? Eine To-Do-Liste mit zehn oder mehr "dringenden" Punkten, die alle angeblich oberste Priorität haben.

Fokus hingegen bedeutet, sich bewusst auf wenige Dinge zu konzentrieren und alles andere auszublenden. Es geht nicht darum, eine Reihenfolge der Wichtigkeit festzulegen, sondern gezielt zu entscheiden, was *nicht* gemacht wird. Wissenschaftliche Studien zur Kognitionspsychologie zeigen, dass unser Gehirn nicht fähig ist, sich gleichzeitig auf viele Dinge zu konzentrieren. Die sogenannte "Task Switching Cost" beschreibt den Effizienzverlust, der entsteht, wenn wir zwischen verschiedenen Aufgaben hin- und herwechseln. Untersuchungen von Rubinstein et al. (2001) haben gezeigt, dass Multitasking unsere Produktivität um bis zu 40 % senken kann. Wer also zu viel priorisiert, verliert den Fokus – und damit Effizienz und Wirkung.

Fokus als Antwort auf die Herausforderungen der VUKA-Welt

Die VUKA-Welt verlangt nach Klarheit, Adaptionsfähigkeit und Effizienz. Unternehmen, die sich in diesem Umfeld behaupten wollen, brauchen Orientierung. Hier kommt Fokus ins Spiel: Er hilft Organisationen, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren, statt sich in zu vielen Prioritäten zu verlieren.

Ein bekanntes Beispiel ist Steve Jobs' Rückkehr zu Apple im Jahr 1997. Damals stand das Unternehmen vor dem finanziellen Ruin. Jobs' erste Maßnahme: Er reduzierte das Produktportfolio drastisch, indem er zahlreiche Projekte stoppte und sich auf nur vier Kernprodukte konzentrierte. Sein Credo lautete: "Fokus bedeutet Nein zu sagen zu den hundert anderen guten Ideen, die es gibt." Das Ergebnis ist bekannt – Apple wurde eines der erfolgreichsten Unternehmen der Welt.

Auch wissenschaftlich lässt sich der Vorteil von Fokus belegen. Der Psychologe Mihaly Csikszentmihalyi hat mit seiner "Flow-Theorie" gezeigt, dass wir in einen besonders produktiven Zustand geraten, wenn wir uns vollständig auf eine herausfordernde, aber machbare Aufgabe konzentrieren. Das bedeutet: Fokus ist nicht nur strategisch klug, sondern steigert auch unsere individuelle Leistungsfähigkeit.

OKR als Framework für Fokus

Das OKR-Framework basiert auf dem Prinzip des Fokus. Unternehmen, die OKR einsetzen, definieren wenige, aber ambitionierte Ziele (Objectives) und messen deren Erfolg anhand konkreter Ergebnisse (Key Results). John Doerr, einer der bekanntesten OKR-Verfechter, beschreibt Fokus als einen der fünf zentralen Vorteile von OKR: "OKR erzwingen Klarheit. Sie verhindern, dass wir uns verzetteln."

Ein Beispiel aus der Praxis ist Google. Das Unternehmen setzt OKR seit den frühen 2000er-Jahren ein, um sicherzustellen, dass Teams sich auf das Wesentliche konzentrieren. Statt Dutzende von Initiativen zu verfolgen, arbeiten Googles Teams gezielt an wenigen, klar definierten Zielen – mit messbarem Erfolg.

Ein weiterer Vorteil von OKR ist die Transparenz. Da alle Teams ihre Ziele offenlegen, entsteht eine organisationsweite Klarheit darüber, was wirklich zählt. Dies verhindert, dass zu viele "priorisierte" Projekte parallel verfolgt werden und fördert stattdessen echten Fokus.

Wie wir Fokus erreichen – zehn konkrete Ansätze

  1. Weniger, aber besser – Anstatt eine lange Liste an Aufgaben zu priorisieren, sollte bewusst entschieden werden, was gestrichen wird. Unternehmen wie Apple oder Google zeigen, dass weniger Projekte mit vollem Fokus erfolgreicher sind als viele parallel laufende Initiativen.
  2. Ziele sichtbar machen – Fokus entsteht, wenn klar ist, worauf es ankommt. OKR, Kanban-Boards oder andere Visualisierungen helfen Teams, den Fokus zu behalten und Ablenkungen zu reduzieren.
  3. Nein sagen lernen – Fokus erfordert Mut, Dinge abzulehnen. Unternehmen und Führungskräfte, die sich konsequent auf wenige, aber strategisch relevante Themen konzentrieren, erzielen langfristig bessere Ergebnisse.
  4. OKR Weeklys nutzen – Regelmäßige (wöchentliche!) OKR-Weeklys helfen Teams, den Fokus zu bewahren und sicherzustellen, dass die gesetzten Ziele nicht aus den Augen verloren werden.
  5. Klare Key Results definieren – Messbare Ergebnisse verhindern Ablenkungen und geben eine klare Richtung vor.
  6. Ablenkungen minimieren – Digitale und organisatorische Ablenkungen (z. B. unnötige Meetings) sollten gezielt reduziert werden.
  7. Fokus-Zeiten etablieren – Zeitblöcke ohne Unterbrechungen können die Konzentration steigern.
  8. Weniger OKRs pro Zyklus – Teams sollten maximal drei bis vier Objectives verfolgen, um sich nicht zu verzetteln.
  9. OKRs mit Unternehmensstrategie verknüpfen – Wenn OKRs klar auf die strategischen Ziele einzahlen, entsteht natürlicher Fokus. Je mehr OKR wirklich agile Strategiearbeit (und nicht nur Strategieumsetzung oder gar ohne Strategie) verfolgt, desto mehr Fokus entsteht.
  10. Erfolge und Learnings reflektieren – Fokus erfordert stetige Anpassung und Lernen, um nicht in alte Muster der Priorisierung zurückzufallen. Daher sollte sowohl das OKR Review (2h Dauer) wie auch die OKR Retrospektive (2h Dauer) wie vorgesehen durchgeführt werden. Alle Themen hinsichtlich Ziele, Zielerreichung, Prozess und Prozessverbesserung gehören ins OKR Review, alle Themen hinsichtlich der Zusammenarbeit, des Team-Buildings und sämtliche relevanten Emotionen gehören in die OKR Retrospektive.

Fazit: Fokus als Schlüssel zum Erfolg

Priorisierung ist ein alter Ansatz, der in der heutigen VUKA-Welt an seine Grenzen stößt. Unternehmen und Individuen, die langfristig erfolgreich sein wollen, brauchen Fokus – ein klares Ja zu wenigen, aber wesentlichen Zielen. OKR bietet hier eine bewährte Methode, um Fokus systematisch in Unternehmen zu verankern.

Die Entscheidung ist klar: Die Priorisierung ist tot – es lebe der Fokus!

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